Zugfahrt von Toronto nach Vancouver (3. Tag)

Montag, 3. September 2018

Für heute morgen war das Frühstück früher angesagt (6:00 Uhr bis 8:00 Uhr), weil am Vormittag in Winnipeg ein längerer Aufenthalt vorgesehen war. Gegen 8:30 Uhr sind wir leicht verspätet (nur eine halbe Stunde) in die Union Station, den Hauptbahnhof von Winnipeg eingefahren. Aber das Öffnen der Türe ist eine Prozedur für sich: Per Funk wird jeder Wagenchef aufgefordert, die Türe zu öffnen und die Treppe hinunterzulassen, einer nach dem anderen. Wir haben gefühlte 10 Minuten hinter der geschlossenen Tür gewartet, bis endlich unser Wagen dran war. Und dann mussten wir das Perron verlassen, da während der Service-Zeit Passagiere auf dem Bahnsteig nicht zugelassen sind.
Wir wurden informiert, dass die Boarding-Zeit auf 9:30 Uhr festgelegt worden sei, dass wir also 45 Min. zur Verfügung hätten.

Der Bahnhof besteht aus einer riesigen Kuppel, und es sind 4 Geleise mit Perrons vorhanden (Winnipeg hat über 600’000 Einwohner). Auf der Abfahrtsanzeige war nur unser Zug nach Vancouver mit Abfahrt 10:00 Uhr aufgeführt, auf der Ankunftsanzeige stand schlicht und einfach: «Die nächsten 16 Stunden keine Ankunft», d.h. an diesem Tag kam kein weiterer Zug mehr an!

Auf der Bahnhofs-Rückseite war ein Park mit ehemaligen Lagergebäuden der Bahn, welche zu Läden und Restaurants umgebaut worden waren, zudem ein Weiher (oder ein Teil eines Kanals?) mit Pedalos und Ruderbooten.
Alles sah friedlich aus, fast keine Leute und noch weniger Autos – es war ja ein Feiertag, der Labour Day, jeweils am 1. Montag im September. Und die Shops und Bars öffneten ab 9:30 Uhr, gerade dann, wenn wir wieder im Zug sein mussten 🙁

Wir schlenderten etwas umher, konnten doch an einem Kiosk noch 2 Flaschen Wasser kaufen und schauten uns noch die Stadtseite des Bahnhofs an, die mit einer Säulenreihe geschmückt war.
Als die Zeit schon um war, heben wir noch eine Türe mit der Beschriftung «Railroad Museum Winnipeg» gesehen: Das Museum war geöffnet, aber wir hatten keine Zeit mehr! Schade

Um 9:45 waren alle Leute wieder im Zug, auch ein paar neue Passagiere. Und dann ging die Warterei los: Im Viertelstundentakt wurde über die Lautsprecher verkündet, dass der Zug bereit sei, dass aber die Bewilligung von CN, der Bahngesellschaft, welcher hier die Strecke gehört, noch nicht eingetroffen sei, dass man aber alles Erdenkliche tut, um schnell weiter zu fahren.
Dazu sei erwähnt, dass die Personenzug-Gesellschaft VIA die Strecken der Güterzug-Bahngesellschaften CN und CP benützt und mietet, aber überall die Zustimmung dieser Bahngesellschaften benötigt. Und diese geben i.a. den eigenen Güterzügen den Vorrang! Es scheint, dass VIA nur geduldet wurde!

So ging das bis nach 12:00 Uhr, bis sich der Zug endlich in Bewegung setzte, langsam zwar, aber immerhin!

Die Szenerie hat sich nun geändert: Weite Felder mit Getreide, Mais, Quinoa (!) und anderem. Ab und zu eine Farm und ein paar Bäume.

Am Nachmittag nahmen wir uns vor, dem Salon- und Aussichtswagen am Schluss des Zuges einen Besuch abzustatten. Wir mussten dazu 13 Schlafwagen und einen Speisewagen durchqueren, und kamen gerade zur richtigen Zeit hinten an: Der Schlusswagen ist vom Morgen bis 16:00 Uhr den Fahrgästen der «Prestige Class» vorbehalten, und es war gerade 16:00 Uhr! Also durften wir rein.

An der Bar wurden Häppchen für die «Prestige»-Passagiere bereit gemacht. Die Bar-Maid erklärte uns, dass für die «Prestige»-Leute alles inbegriffen war, auch Apéro und Getränke, wir aber gerne willkommen seien, gegen Bezahlung eben. So bestellten wir uns je ein Glas Champagner, das wir natürlich bezahlen mussten und setzten uns in den schwach besetzten Salon-Wagen

Die Ambience war schon beeindruckend, aber auch die Leute waren speziell: Ein Farmer aus Illinois z.B. kommentierte die diversen Getreidefelder; Ja, dies haben wir auch, nein dies gibt es bei uns nicht, wir machen nur  «Corn, beans and wheat», also Mais, (Soja-)Bohnen und Weizen. Und jeder Traktor wurde mit der Marke genannt!

Gegen Abend machte uns eine Mitarbeiterin der VIA im Dome-Car auf kurzweilige Art auf die Besonderheiten der Prärie aufmerksam, d.h. der Landschaft, welche wir nun befuhren. Dabei machte sie uns auf kleine Details aufmerksam, so auch auf kleine Häuschen in den Feldern, welche ab und zu mit Bienenstöcken gefüllt werden, welche die Pflanzen bestäuben, und welche nachher wieder an anderen Orten eingesetzt werden, im Winter sogar in Kalifornien.

Der Zug wurde immer wieder aufs Nebengeleise geleitet, um entgegenkommende Güterzüge mit so 150 Wagen kreuzen zu lassen. So vergrösserte sich unsere Verspätung immer mehr.

Das Nachtessen war diesmal spät für uns (3.Schicht; 21:00 Uhr), aber wie immer vorzüglich.

Nachher waren wir (fast allein) im verdunkelten Dome-Car, wo man auch die Sterne und ab und zu einsame, beleuchtete Häuschen sah. Bald aber gingen wir müde ins Bett.

 

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