Nach dem Morgenessen (wir assen in unserer heimeligen Lodge, da sie mit einer guten Kaffeemaschine ausgestattet war) schauten wir uns im Resort etwas um. Es hatte in der Nacht etwas geregnet, und die Wolken hingen tief.
Baker Creek Resort
Das ganze Resort befindet sich idyllisch abgelegen etwa 11 km südlich des Dorfes Lake Louise am alten Highway 1, nun Bow Valley Parkway genannt. Die Eisenbahnlinie von Banff über den Kicking Horse Pass nach Westen, einer von zwei Bahn-Überquerungen in den kanadischen Rocky Mountains, führte nur knapp 100 m vom Resort entfernt vorbei und man hörte ab und zu die sehr langen Güterzüge vorbei fahren, vor allem wie die bis zu vier Loks auf der Bergfahrt dröhnen.
Das Resort besteht aus knapp 20 einzelnen Lodges und zwei grösseren Blockhäusern mit je 8 Ferienwohnungen. Dazu kam das Verwaltungsgebäude mit Reception und kleinem Shop und ein nicht allzu grosses Restaurant. Unsere Ferienwohnung war in einem dieser Blockhäusern. Wir hatten Balkon, Chemiée, Koch-Nische und Whirlpool. Für uns war dies die schönste Unterkunft unserer Kanada-Reise!
Morant’s Curve
Wir machten uns auf, um den Lake Louise mit seinem berühmten Hotel zu besuchen. Dabei kamen wir an einem unter Eisenbahnfreunden bekannten Foto-Standort in Kanada vorbei: Morant’s Curve. Benannt ist sie nach Nicholas Morant (1910 – 1999), welcher für die Canadian Pacific Railway arbeitete und diesen Ort ganz besonders schätzte.
Seit Jahrzehnten ist die Morant’s Curve eine beliebtes Bildmotiv, und in vielen Publikationen über Kanada findet man ein Eisenbahn-Bild von diesem Ort. Natürlich machten auch wir dort einen Stop, umsomehr, als wir bei unserer Abfahrt im Resort einen Güterzug bergwärts fahren hörten. Es war kein Problem, diesen Zug auf den 7 km bis zum Fotopunkt zu überholen, da er bergwärts nur mit etwa 45 km/h fuhr.
Wir waren nicht die Einzigen! Ein gutes Dutzend anderer Fotografen lauerten dort auch auf Züge, und der kleine Parkplatz war voll. Aber auch am Strassenrand kann man ja parkieren … .
Der Güterzug liess auch nicht lange auf sich warten: Der endlos lange Zug wurde von 2 Loks gezogen. Nach 82 Wagen war mitten im Zug eine Zwischenlok eingereiht, dann folgten weitere 85 Wagen. Am Schluss schob eine 4. Diesellok nach. Das ganze Spektakel der Vorbeifahrt dauerte etwas über 4 Minuten, aber man konnte den Zug noch eine Zeitlang weiter verfolgen und vor allem hören!
Da wir aber noch weitere Sehenswürdigkeiten der Gegend besuchen wollten, mussten wir uns wieder auf den Weg machen, auch wenn wir gerne noch weitere Vorbeifahrten erlebt hätten.
Als wir dann ins nahe Lake Louise kamen, war die Zufahrt hinauf zum See abgesperrt wegen Verkehrsüberlastung: Die Parkplätze am Lake Louise und am Moraine Lake waren voll – nur noch mit dem Shuttle-Bus konnte man diese besuchen. So verschoben wir die Fahrt zum See auf den späten Nachmittag, in der Hoffnung, dass dann der Verkehr etwas nachgelassen hat. Wir fuhren weiter über den Kicking Horse Pass in den Yoho Nationalpark zu den beiden Spiraltunnel der Bahnlinie. Aber da es inzwischen wieder wie aus Kübeln goss, getrauten wir uns nicht über die Schotterstrassen zu den Tunnelportalen zu fahren, so fuhren wir halt auch hier weiter.
Takakkaw Falls
Nach ein paar Kilometern kam die Abzweigung zum Takakkaw Falls. Dieser ist nur über eine schmale, aber geteerte Strasse erreichbar. Unterwegs hat es auch zwei Serpentinen, welche so eng sind, dass grössere Camper den mittleren Teil nur im Rückwärtsgang meistern können (dies wird auch auf Strassenschildern angekündigt). Der Takakkaw Falls , der eine Höhe von über total 380 m hat und somit einer der höchsten Wasserfälle Kanadas ist, besteht aus einer Kaskade von 4 Stufen, wobei man vom Tal aus nur die untersten zwei davon sieht. Auf der letzten Stufe fällt das Wasser 250 m im freien Fall. Dieser Wasserfall wird durch den Daly-Gletscher gespiesen und hat deshalb im Frühling naturgemäss am meisten Wasser. Jetzt im Herbst fliesst nicht mehr so viel Wasser, aber die Höhe ist trotzdem sehr beeindruckend.
Die Spiraltunnels der CP
Wir fuhren wieder zurück zu den Spiraltunnels. Es gab eigens für diese Attraktion ein Besucherzentrum mit Bildertafeln von der Geschichte des dieser steilen Bahnstrecke, welche zuerst mit einer Steigung von 45 ‰ bezwungen worden ist. Wegen der häufigen Unfälle wurden 1909 zwei Kehrtunnels nach Schweizer Vorbild (Wassen am Gotthard) gebaut, welche die Steigung halbierten. Die Züge hier sind so lang, dass der vordere Teil schon wieder aus dem Tunnel kommt, der hintere Teil aber noch lange den Eingang nicht erreicht hat!
Vom Besucherzentrum waren wenige Streckenabschnitte (besser wäre «Streckenausschnitte») sichtbar – die Vegetation verdeckte den grössten Teil der Kehren. Schade!
Der See
Nun wagten wir noch einen zweiten Versuch, zum berühmten See Lake Louise zu fahren. Diesmal war die Strasse offen, die Verkehrsleiter liessen uns passieren. Der Parkplatz war noch ziemlich voll, aber wir fanden einen freien Platz ziemlich weit vom See. Das riesige Luxus-Hotel war schon von weitem sichtbar. Es wurde von der Canadian Pacific Railway um 1911 gebaut, um zahlungskräftige Kundschaft auf die Züge und in die Berge zu locken – ein ähnliches Hotel wurde zuvor schon in Banff gebaut. Der Leitspruch des Präsidenten der Eisenbahngesellschaft war:
Wenn wir schon nicht die Berge zu den Leuten bringen können, so bringen wir die Leute zu den Bergen.
Mehrere solcher Eisenbahn-Hotels in Kanada sind in diesem Château-Stil gebaut, alles riesige Bauten. Das Hotel am Lake Louise hat über 500 Zimmer auf 8 Stockwerken und 6 Restaurants. Ein Freibad war bis in die 80er Jahre in Betrieb. Seit 1982 ist es auch im Winter geöffnet, da in der Gegend von Lake Louise seit den 1920er Jahren Wintersport betrieben wird.
Der Lake Louise See ist wegen seiner türkisblauen Farbe bekannt, er ist von hohen Bergen umgeben. Man kann dort Kanus mieten und so die Gegend erkunden; um den See wandern ist wegen der steilen Ufer nicht möglich. Die kurze Seepromenade war mit ziemlich bevölkert, und es war recht schwierig, Fotos vom Hotel und dem See ohne viele Spaziergänger zu machen.
Zum Abschluss machten wir noch eine kurze Erkundungsreise durch das Hotel, um ein bisschen 5-Sterne-Luft zu schnuppern. Die Lobby ist schon recht eindrücklich …
Am Bahnhof Lake Louise
Auf dem Weg zu unserer Unterkunft mussten wir noch kurz dem Bahnhof von Lake Louise einen Besuch abstatten. Da der planmässige Personenverkehr auf dieser Strecke schon seit 1990 eingestellt ist (ab dem 16. Januar 1990 fährt der Canadian über Jasper und nicht mehr über Banff), gibt es dort nur noch ein Durchfahrtsgleis. Zu unserer Überraschung war doch ein Perron vorhanden, und auf einem Gleisstummel standen drei historische Speisewagen bereit, die Tische aufgedeckt! Des Rätsels Lösung: Hier kommt ziemlich häufig der Luxuszug The Rocky Mountaineer vorbei, mit Zwischenhalt für Ausflüge in die Gegend. Ein Teil der Passagiere wird in den abgestellten Wagons dinieren, deshalb war gedeckt.
Da es bereits eindunkelte, fuhren wir wieder zurück ins Baker Creek Resort. Wir hatten im Bistro für das Nachtessen einen Tisch reserviert.